Rechenspiele

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Hand aufs Herz: Machen Sie vor wichtigen Entscheidungen eine Liste mit Plus- und Minus-Argumenten? Ja, machen Sie. Vielleicht halten Sie Ihre zwischen Subjektivität und Objektivität hin und her pendelnden Argumente nicht schriftlich fest, aber im Kopf wägen Sie ab. Das ist weder verwerflich noch böse noch sonst was, es ist einzig und allein vernünftig und völlig normal.

Ich ziehe bald um, verlasse die Schweiz, um in Österreich zu leben. Nun gibt es böse Zungen, die behaupten, bei dieser Entscheidung sei eine Plus-Minus-Liste das wohl Unnötigste überhaupt. Ein Blick auf die Landesflaggen der beiden Staaten würde da genügen. Je nachdem, ob man mit einem Österreicher/einer Österreicherin oder einem Schweizer/einer Schweizerin über diesen beim ersten Mal gehörten witzigen, bei mehrfacher Wiederholung immer plumper werdenden Witz diskutiert, verändern sich die Gesichtszüge des Gesprächspartner/der Gesprächspartnerin. Das hat auch mit Nationalstolz zu tun. Es gibt aber durchaus Österreicherinnen und Österreicher, die erfrischend herzhaft über diesen Plus-Minus-Vergleich lachen können. Die Schweizer tun dies sowieso, kommt doch ihre Heimat besser weg.  Zumindest auf den ersten Blick.

Während für einen Eishockeyspieler die Plus-Minus-Statistik eine die Leistung beurteilende Bilanz darstellt, ist der Swiss-Austria-Vergleich für mich eine Spielerei und eine wenig aussagekräftige Angelegenheit. Wiener Schnitzel (das übrigens nicht österreichischen Ursprungs ist) oder Fondue? Polo Hofer oder Wolfgang Ambros? Lindorkugel oder Mozartkugel? Kitzbühel oder Wengen? Graubünden oder Tirol? Hermann Maier oder Pirmin Zurbriggen? Wilhelm Tell oder Sisi? Fragen, die sich nicht stellen, weil die Antwort „beide“ lautet. Jedes, jede oder jeder zu seiner Zeit. Die Existenz von allem macht es aus. Darum gibt es für mich die Flaggen-Statistik nicht. Mühsame Beamte auf Ämtern habe ich auf beiden Seiten der Landesgrenze erlebt. Freundliche Polizistinnen auch, dumme Menschen ebenso wie intelligente. Und auch die Menschen, die jeweils ennet der Grenze die besser organisierte, offenere, freundlichere und eh bessere Nation orten, gibt es in Österreich wie in der Schweiz. Und wirkliches Deutsch spricht man aus Sicht der Deutschen weder in der Alpenrepublik noch in der Eidgenossenschaft.

In und um Wien gibt es – je nach politischer Ausrichtung – eine Empfindung, die sich zwischen Bewunderung und Neid bewegt, weil die Schweiz kein EU-Mitglied ist. Beschäftigt man sich über längere Zeit mit beiden Staaten, also mit jenem mit der Plus-Flagge und jenem mit der Minus-Fahne, so finden sich immer mehr Gemeinsamkeiten und verbindende Elemente. Darum ist das Erstellen einer austro-schweizerischen Plus-Minus-Liste nichts anderes als verlorene Zeit.

Einen Austroswiss-Tipp an die (Militär-)Politik der beiden Länder aber hätte ich noch. Statt künftig Eurofighter-Affären oder Grippen-Verwirrung zu produzieren gäbe es eine einfache Lösung. Österreich und Schweiz schaffen – wenn die Notwendigkeit überhaupt gegeben ist – gemeinsam Armeeflugzeuge an und überwachen den topografisch ähnlich herausfordernden Luftraum gemeinsam. Mir ist es so was von wurst, wenn an der Flügelunterseite die Hoheitszeichen beider Länder prangen. Für kommende Rechenspiele braucht es das Plus und das Minus.

 

Ein Gedanke zu „Rechenspiele

  1. Petra Humer

    Richtig wohl fühlt man/frau sich wohl nie, wenn man dabei ist, etwas Gewohntes hinter sich zu lassen. Oft fehlt nur ein Stückchen Mut, den ersten Schritt in eine neue Richtung zu wagen.
    Ist es dann soweit, und die Weichen sind gestellt, fragt man sich trotzdem noch… ja was will ich eigentlich? Würden wir wirklich wissen wollen, wie unser zukünftiges Leben aussieht, wenn wir die Möglichkeit dazu hätten? Tief im Inneren bin ich der festen Überzeugung, dass alles im Leben doch irgendwie sinnvoll ist und einfach sein muss. Woran sollten wir sonst unser Leben ausrichten?

    Ich wünsche Dir für deinen Umzug in dein neues? Leben alles erdenklich Gute.

    Ach ja, wenn du die Wahl hast – nimm Lindor 🙂 … Schwiizer Schoggi isch s’Beschte.

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